von Klara Tannert (10b)
am 3. Juli 2023
Herrn Madloch bot sich zunächst schon bei der Begrüßung ein ungewöhnliches Bild, denn der 10. Jahrgang beging an diesem Tag seinen Mottotag. „Jugendhelden“ waren zum Thema erkoren, doch das Fiktive wird nicht selten von der Realtiät in den Schatten gestellt. So berichtete Herr Madloch, dass er zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs der DDR zwischen 18 und 19 Jahren alt gewesen sei und die Proteste am 7. Oktober 1989, dem 40. Jahrestag des Staates, hautnah miterlebt habe: Er sei mit Freunden im Kino gewesen, anschließend nach draußen gegangen und dann „in die Proteste hineingestolpert“. Der heute evangelische Pfarrer erzählte auch, dass er eine weitgehend normale Kindheit gehabt habe.
Ab der achten Klasse sei dann der Unterricht immer mehr militarisiert worden. Allerdings verweigerte er den Wehrdienst, wodurch er zum einen in das Blickfeld der Stasi geraten, zum anderen aber auch vom Abitur ausgeschlossen worden sei. Er habe sogar eine teils andere Benotung erfahren, wenn er sich kritisch äußerte. Im Nachhinein habe Madloch erfahren, dass ihn einer der Lehrer als IM, als inoffizieller Mitarbeiter der Stasi, bespitzelt hatte, wovon er während seiner Schulzeit nicht wusste.
Als er, nachdem ihm sein Abitur verweigert worden war, eine Ausbildung machte, kamen Herrn Madloch Fluchtgedanken, da er im Osten Deutschlands mit Perspektivlosigkeit zu kämpfen hatte. Durch die Schulzeit und danach habe ihm unter anderem die Kirche geholfen, so Madloch. Sie habe ihm bei der Meinungsbildung zu (im Osten) kontroverseren Themen geholfen und sei ein „safe space“ für die Mitglieder gewesen, also ein sicherer Ort, an dem man auch kritische Gedanken äußern konnte, ohne direkt in das Visier der Stasi zu geraten.
Über die Zeit des Mauerfalls berichtete Herr Madloch, dass er es nicht habe fassen können. Es sei nicht vorhersehbar gewesen, dass der Osten die Mauern öffnen werde: „Ich wusste, etwas musste passieren, aber ich hätte nie damit gerechnet, dass sie die Mauer aufmachen. Die Mauer war etwas so… Endgültiges. Sie war schon da, als ich geboren wurde und ich hätte nicht gedacht, dass sie irgendwann nicht mehr da sein würde.“ Auf die Frage eines Schülers, ob er damals geglaubt habe, dass die Mauer wieder geschlossen werden könnte, antwortete Herr Madloch: „Nein. Der Mauerfall war und schien endgültig.“
Er habe die Umstellung nach der Wende stark mitbekommen und am Ende noch studiert, doch das Bild des perfekten Westens, dass über das Westfernsehen verbreitet worden war, verpuffte, als er in West-Berlin das erste Mal auf Armut traf. „Ich kannte aus dem Osten zwar die Alkoholiker, die vor den Läden saßen, aber richtige Armut habe ich erst gesehen, als ich den Westen besuchte.“ Auch nach dem Öffnen der Mauer hatte Herr Madloch einen starken Bezug zum Osten, weshalb es ihn nicht in eine der westdeutschen Städte gezogen habe, sondern er im ehemaligen Ostteil Deutschlands geblieben sei. Während er erzählte, konnten ihm die Schüler kontinuierlichen Fragen stellen sowie hinterfragen, und so entwickelte sich aus dem Gespräch eine Art lebhaftes Interview, was uns dabei half, das Gelernte aus dem Unterricht zu verinnerlichen und selbst ein Bild davon zu erhalten, wie die Bevölkerung die Wende erlebt hat.
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